Als Chronistin, Erzahlerin oder Essayistin hat Ricarda Huch mit Leser(inne)n gerechnet, fur die Erinnern nicht lediglich psychologischer Reflex ist, sondern vielmehr ein Prozess kollektiver Selbstverstandigung, der aus dem narrativen Nachvollzug des Vergangenen einen Standort fur eine prekare, von den Fliehkraften der Moderne bedrohte Gegenwart zu gewinnen sucht. Fur sie war diese Moderne kein Gegenstand emphatischer Bejahung, sondern - im Bewusstsein ihrer Unumkehrbarkeit - vielmehr Anlass zu einer permanenten Gewinn- und Verlustrechnung, Anlass auch des Abwagens ihrer Versprechungen und Enttauschungen vor historischem Bezugsrahmen. Es ist an der Zeit, Ricarda Huch entgegen den Stimmen, die ihre Modernitat pauschal bestritten haben, in dieser streitbar-aktuellen Modernitat neu und wieder zu entdecken. Dazu mochten die Beitrage dieses Bandes aus unterschiedlichen Blickwinkeln heraus ermuntern.