Das Padagogium Regium und das Dessauer Philanthropin gelten bis heute als Musterschulen des 18. Jahrhunderts. Das Padagogium Regium wurde bereits von Bildungshistorikern um 1900 als die innovative Gelehrtenschule des 18. Jahrhunderts angesehen, von der zahlreiche padagogische Impulse auf das hohere Schulwesen nachfolgender Zeiten ausgingen. Das Dessauer Philanthropin gilt seit den 1970er Jahren als Beginn einer "fortschrittlichen" und "modernen" Padagogik. Oftmals wurden beide Schulen jedoch nur einzeln und auf Grundlage weniger programmatischer Schriften untersucht. Michael Rocher hinterfragt in seiner Studie die Musterhaftigkeit beider Einrichtungen anhand umfangreicher, bisher kaum beachteter Quellenbestande. Ausgehend von ihrer institutionellen Entwicklung werden beide Schulen nicht nur miteinander, sondern mit weiteren hoheren Schulen der Zeit hinsichtlich der Sozialstruktur ihrer Schulerschaften und ihrer Schulorganisation sowie Lehrplanen verglichen. Dadurch konnen sie erstmals in den mitteleuropaischen, protestantischen Bildungsraum des 18. Jahrhunderts eingeordnet werden. Daruber hinaus wird deutlich, dass spezifisch "pietistische" oder "philanthropische" padagogische Ideen nur eine untergeordnete Rolle in der jeweiligen Schulausrichtung gespielt haben. Beide Institute waren sehr stark vom Lehr- und Lernmarkt ihrer Zeit abhangig und richteten daher ihre Agenda immer wieder auf diesen aus.